Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien
Die syrisch-orthodoxe Kirche ist die Kirche von Antiochien und damit die älteste aller christlichen Kirchen. Sie wurde vom Apostelfürsten Petrus selbst gegründet, als Antiochien die Hauptstadt Syriens und eine der drei Hauptstädte des römischen Weltreiches war.
Im Kalender der kirchlichen Feste fixierte ein Kirchenvater den 22. Februar als Tag der Gründung des Bischofssitzes durch den heiligen Petrus in Antiochien. So wurde festgelegt, dass der Apostel Petrus der erste Patriarch auf dem apostolischen Bischofssitz von Antiochien war, dem viele berühmte Geistliche folgten. Diese Reihenfolge wurde ungebrochen bis zur Zeit des jetzigen Patriarchen, seine Heiligkeit Moran Mor Ignatius Afrem II. Karim, beibehalten. Er ist der 122. Patriarch von Antiochien. Das Oberhaupt gilt als gemeinsamer Vater aller syrisch-orthodoxen Mitglieder, wobei es keine Rolle spielt, wo sich ihr Wohnsitz befindet. Seiner Heiligkeit unterstehen ein Mafryono (Katholikos von Indien), Bischöfe, Mönche, Pfarrer, Diakone und Laien aller Ränge in der syrisch-orthodoxen Kirche.
Die Aufteilung der Kirchen
Das Volk der Aramäer verteilt sich heute auf viele Kirchen. Der Volksgruppe der Aramäer gehören heute folgende Kirchen an:
- Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien. (Mutter und Ursprung aller östlichen und westlichen Kirchen) Von dieser Apostolischen Urkirche spalteten sich im Laufe der Jahrhunderte folgende Kirchen ab.
- Die Ostsyrisch – Nestorianische (getrennt seit 431/484)
- Die Syrisch – Chaldäische Kirche (getrennt seit 16. Jh.)
- Die Syrisch – Melkitische Kirche (getrennt seit 6. Jh.)
- Die Syrisch – Maronitische Kirche (getrennt seit 1181)
- Die Syrisch – Katholische Kirche (getrennt seit 1782)
- Die Syrisch – Evangelische Gemeinde (getrennt seit 1852)
Vieler dieser oben genannten Kirchen halten bis heute die göttliche Liturgie (Hl. Messe) in Aramäischer Sprache ab.
Der Name “Syrisch“
Die syrische Sprache ist gleichzusetzen mit der aramäischen Sprache und die Aramäer selbst sind gleichzusetzen mit den Syrern. Wer zwischen diesen zwei Namensbezeichnungen einen Unterschied macht, der irrt. Der einzige Unterschied besteht lediglich in der vor- und nachchristlichen Zeit. Der Name „syrisch“ dient als Wahrzeichen für den christlichen Glauben, steht also für die nachchristliche Zeit. Der Name „aramäisch“ dagegen ist die Bezeichnung dieses Volkes in der heidnischen Zeit, d.h. in der vorchristlichen Zeit. Man könnte dies mit den Persern vergleichen, die man heute Iraner nennt, oder mit den Römern, deren Nachkommen heute Italiener sind. Die Griechen nannten die Aramäer auch Syrer, so wie man heute Deutsche im Englischen als „the Germans“ oder im Französischen als „les Allemands“ bezeichnet. Der Name des heutigen Staates Syrien, leitet sich vom Begriff Syrer bzw. Aramäer ab. Von den ca. 20 Millionen Bewohnern Syriens, sind heute lediglich 200.000 Aramäer, also gerade mal 1% der Gesamtbevölkerung. Mehr als 80% des heutigen Syrien setzen sich aus Arabern und Nicht-Aramäern zusammen, so wie der ehemalige Präsident, Hafes Al-Esat unserem Patriarchen bei einem Empfang 1997 in seiner Residenz sagte: „Syrien braucht euch, denn Ihr seid die wahren Syrer, euch gehört Syrien. Ursprünglich, ethnologischen gesehen, sind wir keine Syrer, wir sind Araber.“
Gerichtsbarkeit des Bischofsstuhles von Antiochien
Das Oberhaupt der einzelnen orthodoxen Kirchen wird Patriarch genannt, das der katholischen Kirche Papst. Der Patriarch von Antiochien genoss hohes Ansehen in der Kirche. Seine religiöse Machtbefugnis streckte sich vom griechischen Meer im Westen bis hin nach Persien und Indien im Osten und bis zur Grenze Palästinas im Süden aus. Die Kirche von Antiochien war eins und an ihrer Spitze stand nur ein Patriarch. Es gab neben ihm keinen anderen in allen Ländern des Ostens, seine Gerichtsbarkeit erstreckte sich von Aram-Nahrin (Beth-Nahrin = Mesopotamien = Zweistromland: Das Land zwischen den beiden Flüssen Euphrat und Tigris), über große Teile Kleinasiens, der heutigen Türkei, bis nach Persien, Irak, Syrien, Palästina, Libanon, Armenien, Saudi Arabien, Afghanistan und Indien im Osten. Seine Machtbefugnis umfasste alle Christen dieser Region, unabhängig von ihrer Nationalität, Rasse oder Sprache.
Blütezeit und Verfolgung
Ihre Blütezeit erlebte die Kirche im “Tur-Abdin“, dem so genannten “Berg der Diener Gottes“, etwa im 12. Jahrhundert. Seither führten wiederkehrende Konfrontationen mit dem Islam, die osmanische Herrschaft und die Bedrängung durch Kurden und Araber zur Schwächung der Kirche. Das blutigste Massaker fand während des ersten Weltkrieges statt, bei welchem 2 Millionen armenische und aramäische Christen ums Leben kamen. Die Vertreibung, die Verfolgungen und die Auswanderung während der vergangenen Jahrzehnte machten die Gruppe der syrischen Christen im Tur-Abdin und im vorderen Orient zu einer schwindenden Minderheit. Beispielhaft ist die Türkei anzusehen, die noch vor 100 Jahren zu 20 % christlich war. Heute befinden sich dort nur noch lediglich 0,025 %, was knapp einer Anzahl von 20.000 aramäischen Christen entspricht. Viele Ruinen der ehemals 22.000 Kirchen und Klöster zeugen heute noch von der einstigen Blüte des christlichen Landes.
Liturgie
Die syrisch-Orthodoxe Kirche feiert nach antiochienischen Liturgietyp, welche auch als westsyrische Liturgie bezeichnet wird. Die Jakobusanaphora gilt als Norm und Maßstab der westsyrischen Liturgie. Die Tatsache, dass es in der syrischen Kirche viele Anaphoren gibt, zeigt deutlich, wie die Liturgie das Leben der syrisch-orthodoxen Christen existentiell geprägt hat. Dies bringt zweifelsohne zum Ausdruck, wie Liturgie und christliches Leben ineinander übergehen. Die heilige Eucharistie ist also bis heute Herz und Mittelpunkt der syrischen Kirche. Gegenwärtig feiern folgende Kirchen die Eucharistie mehr oder weniger nach alter, syrischer Tradition: die syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien, die syrisch- nestorianische (ostsyrische) Kirche, die syrisch- maronitische Kirche (Libanon), die syrisch- chaldäische Kirche (Irak), die syrisch-katholische sowie die syrisch-evangelische Gemeinde.
Diese Kirche wurde von Anfang an vom Mönchtum geprägt. Daher ist ihre Liturgie reich an Hymnen und Sermonen. Dank dieser Liturgie bildeten sich bei den Gläubigen eine tiefe religiöse Spiritualität und Frömmigkeit. Dies zeigt sich an vielen liturgischen Feierlichkeiten und Festen der Heiligen- und Marienverehrung und durch die Fasten- und Gebetspraxis.
Ökumene
Die syrisch-orthodoxe Kirche ist seit 1960 Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen. Im Dialog mit der römisch-katholischen Kirche praktiziert sie seit 1971 aktiv. Eine ergreifende Begegnung zwischen Patriarch Ignatius Zakka I. Iwaz und Papst Johannes Paul II. fand im Jahre 1984 in Rom statt. Nach den Vereinbarungen von 1984 können die Sakramente der Buße, der Eucharistie und der Krankensalbung in Notsituationen (da noch keine volle Kirchengemeinschaft besteht) gegenseitig gespendet werden.
In Deutschland ist die syrisch-orthodoxe Kirche seit 1985 Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Darüber hinaus nehmen Vertreter der syrisch-orthodoxen Kirche an offiziellen und inoffiziellen theologischen und ökumenischen Symposien teil.
Die syrisch-orthodoxe Kirche in Deutschland nimmt fast jedes Jahr an den Kirchentagen der Katholiken oder Protestanten teil.
Die Syrisch-Orthodoxe Kirche heute
Die Zahl der Angehörigen dieser Kirche beträgt zurzeit schätzungsweise zwei Millionen. Die Mehrheit von ihnen lebt in Indien, in Syrien, im Libanon, im Irak, in Jordanien, in Ägypten, in Israel und in der Türkei. Der Großteil der syrisch-orthodoxen Christen aus der Türkei floh jedoch in den letzten Jahrzehnten aus ihrer Urheimat vor Verfolgung und lebt heute verstreut in Europa, in Nord- und Südamerika und in Australien.
Durch die permanente Verfolgung und Vertreibung seitens der Völker, die im Laufe der letzten 2000 Jahre nach Mesopotamien eindrangen und mächtiger wurden, minimierte sich die Bevölkerungszahl der Aramäer auf einen Bruchteil. Die christlichen Aramäer des Orients werden heute noch als „Ungläubige“ verachtet. Deshalb sind sie in besonderem Maße benachteiligt und werden von fanatischen Moslems verfolgt und vertrieben. Bis zum heutigen Tag sind sie in ihren Heimatländern verheerender Diskriminierung ausgesetzt. Das ist der Grund, warum der Großteil der Aramäer in alle Himmelsrichtungen ausgewandert ist und in unterschiedlichen Regionen der Welt eine neue Heimat gesucht und gefunden hat.
Kontakt: aramaeer-leimen@hotmail.de